Im Antiquariat von Bernd Suppes geht es manchmal zu wie an den großen Börsen dieser Welt: die Hoffnung auf das schnelle Geld und die großen Enttäuschungen liegen oftmals nahe beieinander. Denn oft ahnen die Kunden nicht, was ihre Ringe und Ketten aus dem Schrank wert sind.

In den beiden Filialen von Antiquitäten SUPPES in Biebrich (Armenruhstraße 38) und Bierstadt (Poststraße 29) geht es oft heiß her. An manchen Tagen, gerade in der Weihnachtszeit, drängen sich zu Stoßzeiten ein Dutzend Menschen auf den Gehsteigen und in den Läden, während ein Mitarbeiter Kaffee und Plätzchen an die wartenden Gäste verteilt. Männer schauen auf ihre Uhren, junge Frauen blicken auf ihre Smartphones. Man könnte meinen, eine neue Szene-Bar hätte gerade eröffnet.

Im Inneren der in einem charmanten Stil eingerichteten Läden fühlt man sich um ein paar Jahrzehnte zurück versetzt. Antiquitäten wohin man sieht. Bilder, Schränke und Schmuckstücke aus vergangenen Epochen sorgen bei so manch einem Kunden für Erstaunen. „Viele Kunden besuchen unsere Läden regelmäßig, um unsere ständig wechselnden Einrichtungsgegenstände zu betrachten“. An der Theke von Bernd Suppes wird es jedoch ernst, denn hier geht es um bares Geld für die Kunden. Seit mehr als 40 Jahren kauft der Diplom-Betriebswirt aus Wiesbaden vertrauensvoll Schmuck, Antiquitäten und Münzen aus Erbfällen, Nachlässen und Sammlungsauflösungen. Aber auch für Kunden mit Einzelstücken und Menschen in finanzieller Schieflage hat Bernd Suppes ein offenes Ohr.

1700 Euro statt 100 Euro

Anders herum kann es hingegen auch laufen. Kunden erträumen sich riesige Summen für ihr Silberbesteck oder die Briefmarkensammlung des Opas und müssen dann feststellen, dass das so wertvoll wirkende Erbe in Wirklichkeit nur ein paar Euro wert ist. Bei Antiquitäten SUPPES geht es manchmal zu wie an den großen Börsen dieser Welt: die Hoffnung auf das schnelle Geld und die großen Enttäuschungen liegen oft nahe beieinander. „Von 50 Cent bis über 1,2 Mio Euro war schon alles dabei“, sagt Suppes.

Im Sommer letztes Jahres kam ein Kunde mit einem Reiserucksack, in dem sich 200 Marple Leaf-Münzen aus fast reinem Gold befanden, erzählt Suppes. Dieses Erlebnis wird er so schnell nicht vergessen.

Wenn man den Wert seiner Schätze nicht kennt, sollte man wenigstens den Händler kennen

Auch heute hat einer einen Reiserucksack mitgebracht. Goldmünzen hat der Mann diesmal nicht anzubieten, dafür aber ein Paar funkelnde Ringe und einen grau-gelben Brocken, der etwa  so groß wie ein Ei ist. Suppes überprüft den Klumpen mit seinem Analysegerät und der Lupe, die er jederzeit Griffbereit hat. Er greift zur Poliermaschine. An der anpolierten Stelle beginnt es golden zu glitzern. Was zunächst unscheinbar aussieht, entpuppt sich als eingeschmolzenes Zahngold. Laut Suppes ist der Mann ein Zahnarzt aus Italien. Er ist, wie alle paar Jahre, extra hierher geflogen, erzählt er. In Italien wohnt und arbeitet der Mann inzwischen. Doch wenn er seine Freunde im Rheingau besuchen kommt, schaut er immer auch im Antiquariat von Herrn Suppes vorbei.

Wer offensichtlich nur wenig Ahnung vom Wert seiner Schätze hat, ist für Betrüger leichte Beute. Ein Ring aus Weißgold wird auf einmal zum Silberwert abgerechnet, oder der Preis im Laden liegt auf einmal deutlich unter dem Betrag, der zuvor am Telefon vereinbart wurde. „Viele Mitbewerber nennen immer nur „bis zu“-Beträge. Dabei muss man sich immer klar sein: „bis zu 300 Euro“  können am Ende auch genauso gut auch nur 100 Euro sein“, sagt Suppes. Ein anderer beliebter Trick der Mitbewerber sei es, vom zunächst versprochenen Ankaufspreis im Nachhinein die Mehrwertsteuer abzuziehen, die bei Gold jedoch gar nicht erhoben wird. Andere rechtfertigen ihre niedrigen Ankaufspreise im Laden, indem sie behaupten, der zuvor genannte Preis sei für reines Gold gewesen – für 750er Gold würde es daher nur weniger Geld geben.

Bernd Suppes empfiehlt allen Kunden, mitzudenken und mitzurechnen. Man benötigt lediglich eine relativ genaue Wage, wie zum Beispiel eine Briefwage, um den Wert seines Schatzes mit Hilfe der aktuellen Tagespreise zu ermitteln. Danach empfiehlt sich ein Vergleich. Goldankaufsläden gibt es in Wiesbaden zu genüge, vor einigen Jahren sind sie regelrecht wie Pilze aus dem Boden geschossen. „Am Ende landen die meisten Kunden wieder bei mir“, sagt Suppes feixend, während er das vorhin gekaufte Zahngold in Richtung Safe bringt.

Für den Zahnarzt aus Italien hat sich der Besuch bei Bernd Suppes wieder einmal ausgezahlt. Auf dem Computerdisplay steht ein niedriger fünfstelliger Betrag: „Grün oder lila?“, fragt Suppes und hält eine bunte Auswahl an Euro-Scheinen bereit. Oft haben Kunden das ersten Mal in ihrem Leben einen 500 Euro Schein in der Hand, wenn sie Antiquitäten SUPPES verlassen – für Bernd Suppes gehören hohe Beträge zum täglichen Geschäft.

„Ja“, gibt der 67-Jährige etwas demütig zu. „Man verliert den Bezug zum Geld schon einwenig“. Dies komme auch daher, weil der Diplom-Betriebswirt viel mehr an das goldene Edelmetall, als an das Papiergeld glaubt: „Für eine Goldmünze haben Sie schon im antiken Rom eine Toga bezahlen können. Heute ist es eben ein maßgeschneiderter Anzug. An dem Preis, in Gold gemessen, hat sich nichts geändert“, sagt Bernd Suppes. Geld könne man eben jederzeit drucken, Gold hingegen muss man erst finden. Das ist, so Suppes, ein entscheidender Unterschied.

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