Leonardo da Vinci und das berühmte Lächeln der Mona Lisa – beide umgibt bis heute eine mystische und geheimnisvolle Aura, beide geben bis heute Rätsel auf, und obwohl das Leben wie auch das Lebenswerk des Malers bereits umfassend erforscht wurden, scheinen die Faszination und das Interesse auch über 500 Jahre nach seinem Tod ungebrochen. Doch worauf gründet der Mythos, der Leonardo da Vinci noch immer umgibt?

Leonardo da Vinci: das Universalgenie

Heute wird Leonardo da Vinci häufig als Universalgenie bezeichnet, was auf seine vielfältigen Studien auf den unterschiedlichsten Gebieten zurückzuführen ist. Er war nicht nur Maler und Bildhauer, sondern betätigte sich auch als Architekt und Stadtplaner, verdingte sich als Musiker und Regisseur pompöser Festlichkeiten bei Hofe und entwarf als Ingenieur zahlreiche Objekte wie Lastenkräne, futuristische Fluggeräte, aber auch Kriegsgerätschaften. Sein Hauptinteresse galt jedoch neben der Malerei dem intensiven Studium der Natur, der Mathematik und der Philosophie sowie der Anatomie des Menschen, zu deren Erforschung er sogar nach eigenen Angaben über 30 Leichen sezierte. Die Ergebnisse seiner Forschung hielt er in unzähligen Skizzen, Zeichnungen und Notizen fest, deren Erschließung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sein ganzes Schaffen offenbarte und den heutigen Mythos des Visionärs und Universalgelehrten begründete.

Dass ihn seine Zeitgenossen als solchen ansahen, ist zumindest fragwürdig. Zwar entsprachen seine vielseitigen Interessen dem Zeitgeist der Renaissance, doch blieb ihm der Zugang zum Kreis der Gelehrten ohne eine humanistische Bildung verwehrt und seine Studien hat er zu Lebzeiten nie veröffentlicht. Zudem waren die meisten seiner Konstruktionen in der Realität nicht umsetzbar, an vielen Arbeiten verlor er schnell das Interesse, stellte sie nicht fertig oder überarbeitete sie immer wieder, weil sie seinem eigenen Anspruch nicht genügten. Eine Eigenschaft, die leider auch seine Gemälde betraf.

Doch sie machten Leonardo da Vinci bereits zu Lebzeiten berühmt, da seine Kunstfertigkeit einzigartig war und seine Darstellungen mit den strengen Konventionen der Zeit brachen, was sich in seinen beiden wohl bekanntesten Werken, der „Mona Lisa“ und dem „Abendmahl“, eindrucksvoll zeigt.

So revolutionierte er das Frauen-Porträt, in dem er erstmalig die Frauen frontal malte und ihnen durch seine eingehende Beobachtung der Mimik und einer neuen Maltechnik, dem Sfumato, dass durch den Auftrag mehrerer Lasurschichten wie eine Art Weichzeichner wirkte, sowohl eine intensive Ausstrahlung als auch etwas Geheimnisvolles gab.

Der Szene des „Abendmahls“ gab er eine bis dahin nie erreichte Natürlichkeit, entfachte aber einen theologischen Diskurs, da er entgegen der bisher üblichen Darstellung Judas nicht klar erkennbar abseits der anderen Jünger zeigte, sondern mitten unter ihnen. Dies machte sowohl das Gemälde im mailändischen Kloster Santa Maria delle Grazie, als auch seinen Maler weithin bekannt.

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Erste Jahre in Florenz

Geboren wurde Leonardo am 15. April 1452 in Vinci bei Florenz als unehelicher Sohn, der aus einer kurzen Liaison seines Vaters, dem Notar Piero da Vinci, mit einer jungen Frau namens Caterina hervorging. Er wuchs zunächst im Haus seines Großvaters in Vinci auf, doch nach dessen Tod 1465 kam er zu seinem Vater nach Florenz.

Da er großes künstlerisches Talent erkennen ließ, vermittelte ihm sein Vater kurz darauf eine Ausbildung bei dem Maler und Bildhauer Andrea del Verrocchio, in dessen Werkstatt Leonardo im Alter von etwa 14 Jahren eintrat. Dass Leonardo das „nur zu gut gefiel“, wie Giorgio Vasari als sein erster Biograf 1550 schrieb, darf bezweifelt werden. Statt höherer Schulbildung und einem Studium, wie es für den Sohn einer dem gehobenen Mittelstand angehörigen Notar-Dynastie zu erwarten wäre, wurde ihm nur eine Handwerksausbildung zugestanden – denn nichts anderes war zu seiner Zeit der Beruf des Malers – und damit deutlich vor Augen geführt, dass er nicht den gleichen Stellenwert wie die leiblichen Kinder seines Vaters besaß. Vieles weist darauf hin, dass er dies ein Leben lang als deutliche Herabsetzung empfand.

Nach Abschluss seiner Ausbildung trat Leonardo da Vinci 1472 der florentinischen Malergilde bei und machte sich im April 1476 mit einer eigenen Werkstatt selbstständig. Doch statt sich nun durch sein Können und herausragende Bilder einen Namen zu machen, führte er seinen ersten großen Auftrag über ein Altarbild im Stadtpalast zu Ehren der Medici schlicht nicht aus. Ob dies seinem Widerwillen entsprang, seine Kunst für politische Zwecke missbrauchen zu lassen, oder er damit bewusst seinen Vater brüskieren wollte, der ihm diesen Auftrag wohl verschafft hatte, bleibt unklar. Sicher ist, dass er damit die Chance, sich der Gunst der Medici als größte Förderer der Kunst in Florenz zu versichern, verspielt hatte. Als er zudem noch einen Auftrag des Klosters San Donato für ein Altarbild mit der «Anbetung der heiligen drei Könige» nicht vollendete, handelte er sich endgültig einen Ruf als unzuverlässig und vertragsbrüchig ein, der ihm sein Leben lang anhaften sollte. Daran konnte auch das ausdrucksstarke Bildnis der Ginevra Benci, Enkelin eines reichen Florentiner Bankiers, nichts ändern, das erste seiner geheimnisvollen Frauen-Portraits.

Im Dienste Ludovico Sforzas in Mailand

Auf der Suche nach einer neuen Wirkungsstätte ging Leonardo da Vinci 1482 nach Mailand, wo er sich dem illegitimen Regenten Ludovico Sforza (1452-1508) andiente – erstaunlicherweise aber nicht als Maler und Bildhauer sondern als Ingenieur für neuartiges, teils skurriles Kriegsgerät, das er in einer Art „Bewerbungsschreiben“ anpries. Eine feste Anstellung am Hofe erhielt er daraufhin allerdings nicht, nur gelegentliche Aufträge wie das Portrait der Cecilia Gallerani, einer Mätresse Sforzas, durch das er immerhin zu einem gefragten Portraitmaler avancierte. Stattdessen machte er sich zunächst einen Namen als Regisseur einzigartiger Hoffeste und unterhielt die höfische Gesellschaft mit Fabeln und Rätsel, in welchen er nicht selten provozierend seine Kritik an eben dieser sowie seine ganz eigene Weltanschauung verpackte. Erst ab 1493 wird er in den Büchern als Hofingenieur geführt, die Zahlungen des Herzogs blieben aber unregelmäßig, immer wieder beklagte er sich bei ihm in den folgenden Jahren über Geldnot.

Zumindest in der ersten Zeit in Mailand war Leonardo da Vinci also auf andere Aufträge angewiesen. So entstand für das Mailänder Kloster San Francesco ab 1483 die sogenannte „Felsgrottenmadonna“, einem als Altarbild beauftragten Bildnis der Jungfrau Maria. Doch Leonardo blieb seinem Ruf treu und ignorierte alle vertraglichen Vereinbarungen: statt nach sieben Monaten liefert er nach drei Jahren ein Gemälde, in dem er sich so weit von der detaillierten Vorgabe des Motivs durch die Auftraggeber entfernte, dass diese die Annahme verweigerten. Am Ende eines langjährigen Prozesses musste er das Bild überarbeiten, so dass nach mehr als 20 Jahren eine zweite Version entstand, die er vermutlich nicht einmal selbst vollendete.

Leonardo da Vincis „Abendmahl“

1494 beauftragte ihn Ludovico Sforza schließlich mit einem Wandbild für das Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie, dass Leonardo da Vinci endlich die erwünschte Anerkennung als einem der hervorragendsten Maler seiner Zeit einbrachte: dem „Abendmahl“. Tatsächlich stellte er diesmal das 8,80 Meter breite und 4,60 Meter hohe Gemälde nach etwa vier Jahren fertig, doch hinsichtlich der Gestaltung nahm er sich wieder einmal alle Freiheiten heraus.

Dass er sich nicht der üblichen Fresko-Technik bediente, bei der die Farben auf den noch feuchten Putz aufgebracht werden müssen, mag daran gelegen haben, dass ein zügiges Malen ohne Unterbrechungen nicht seiner Arbeitsweise entsprach. Andererseits ermöglichte gerade das verwendete Tempera-Ölgemisch die intensiven Farben und Lichteffekte, durch welche ihm die nie zuvor bei einem Fresko gesehene natürliche Darstellung gelang, die das Gemälde so berühmt machte.

Nicht minder trug die Komposition des Werkes zu seinem Ruhm bei, mit der er einmal mehr gegen alle Konventionen verstieß. Der kirchliche Kanon gab vor, dass Judas am Rand der Gruppe stehen solle, abseits und klar zu erkennen, damit Gut und Böse für jedermann zu unterscheiden waren. Bei Leonardo da Vinci aber befindet er sich mitten unter den Jüngern, ohne klares Erkennungszeichen, so dass der Betrachter geradezu gezwungen wird, alle so meisterlich durch Gesten und Mimik dargestellten Emotionen und kleinsten Details aufzunehmen, um Judas innerhalb der Gruppe identifizieren zu können. Noch heute wirft die Darstellung aus theologischer Sicht viele Fragen auf.

Die magische Schönheit des Gemäldes, die es so weithin bekannt machte, war jedoch nicht von langer Dauer, denn bereits nach 20 Jahren begannen die Farbschichten, sich zu lösen. Nach zahlreichen Restaurationen, die bereits im 16. Jahrhundert begannen, ist heute wohl nur noch ein geringer Teil des gesamten Bildes erhalten, der tatsächlich durch die Hand Leonardo da Vincis entstand.

Leonardo Da Vinci – Rückkehr nach Florenz

Nach dem Sturz Ludovico Sforzas 1499 durch den französischen König Ludwig XII. (1462-1515) verließ Leonardo da Vinci Mailand und kehrte im April 1500 nach Florenz zurück, wo er zeitweise als Architekt und Ingenieur für den neuen Machthaber Cesare Borgia (1475-1507) tätig war. Doch seine Pläne, den Arno umzuleiten, um dem abtrünnigen Pisa die Wasserzufuhr abzuschneiden, erwiesen sich in der Praxis als undurchführbar. Wie überzeugt er dennoch von seinen Fähigkeiten als Ingenieur und Architekt war, zeigt ein Brief an den osmanischen Sultan Beyezid II. (1447-1512), in dem er sich darum bewarb, eine Brücke über den Bosporus zu bauen. Wie genau er dies bewerkstelligen wollte, bleibt sein Geheimnis. Eine Antwort des Sultans ist nicht überliefert, eine erste Brücke wurde am Goldenen Horn jedoch erst 1845 erbaut.

1503 beginnt Leonardo da Vinci mit den Arbeiten an einem Fresko für den Ratssaal des Regierungspalastes, das dem Auftrag der Machthaber gemäß die „Schlacht von Anghiari“ zeigen sollte, in der Florenz 1440 gegen die mailändischen Truppen siegte. Von dem Gemälde, dass er einmal mehr unvollendet ließ, zeugen heute nur noch einige Skizzen da Vincis und zeitgenössische Berichte. Letztere bezeugen, dass auch dieses Fresko bereits nach kurzer Zeit verblasste und sich die Farbschichten von der Wand ablösten. In den 1560-er Jahren viel es gänzlich einem neuen Bildprogramm Cosimo I. (1519-1574) zur Verherrlichung der Medici zum Opfer.

Das Geheimnis der „Mona Lisa“

Zeitgleich zum Fresko beginnt Leonardo da Vinci mit seinem bekanntesten Gemälde: der „Mona Lisa“. Auch wenn man heute mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, dass es sich um ein Portrait der Lisa del Giocondo handelt, der Gattin eines vermögenden florentinischen Kaufmanns, so hat ihr berühmtes Lächeln nichts von seiner geheimnisvollen Aura verloren. Unklar bleibt, warum der Maler dieses Bild Zeit seines Lebens behielt und immer wieder überarbeitete. Dies war an sich für ihn nicht ungewöhnlich, Mahnungen zur Fertigstellung von einem Auftraggeber fand man aber in diesem Fall bisher nicht, was gerade bei einem Portrait erstaunlich ist.

Dass Leonardo da Vinci in einer Liebesbeziehung zu ihr stand, kann man aufgrund seiner Homosexualität ausschließen, aus der er kein Geheimnis machte. Die Frage, was ihn mit diesem Bild verband, wird also auch weiterhin die Forschung beschäftigen. Das gerade einmal 77 x 53 cm große Bild, das einst im Schlafzimmer Napoleons hing, ist heute im Louvre in Paris zu sehen und zieht noch immer seine Betrachter in seinen Bann.

Zwischen 1506 und 1512 hielt sich Leonardo da Vinci überwiegend in Mailand auf, bevor er 1513 einer Einladung Giuliano de’ Medicis (1479-1516), dem Bruder Papst Leo X. (1513-1516) nach Rom folgte und eine Werkstatt im Vatikan einrichtete. Doch gegen die Konkurrenz von Michelangelo (1475-1564) und Raffael (1483-1520) konnte er sich nicht durchsetzen, einzig zwei Gemälde von Johannes dem Täufer, an denen er noch einige Jahre arbeitete, entstanden wohl in dieser Zeit.

Nach dem Tod Giulianos musste er Rom verlassen und folgte der Einladung an den Hof König Franz‘ I. nach Frankreich, wo er seine letzten Jahre in einer gehobenen Stellung und Wohlstand verbrachte. Am 2. Mai 1519 verstarb Leonardo da Vinci in Cloux und wurde in der Kirche Saint-Florentin von Amboise beigesetzt.

Das Erbe Leonardo da Vincis

Neben kunstvollen Gemälden, von denen einige in den Besitz König Franz‘ I. gelangen, hinterließ Leonardo da Vinci umfangreiche Aufzeichnungen mit tausenden Zeichnungen, die seine lebenslangen Studien dokumentieren. Ob die Erforschung der Natur oder die Lösung mathematischer Fragen, er wollte verstehen, wie die Dinge einander bedingten und beeinflussten, ihre Kräfte erfassen und Zusammenhänge erkennen – auch, um sie dem Menschen nutzbar zu machen, wie seine vielen technischen Entwürfe zeigen. Zu den wohl bekanntesten Skizzen gehören sein pyramidenförmiger „Fallschirm“ und der „Ornithopter“, die nach intensivem Studium des Vogelflugs entstanden.

Aus seinen mathematischen Studien zu perfekten Proportionen, die er in Florenz mit dem Mathematiker Luca Pacioli betrieb, ging seine weltbekannte Zeichnung des vitruvianischen Menschen hervor. Besonders intensiv aber befasste da Vinci sich sowohl mit der physischen, als auch mit der psychischen Beschaffenheit des Menschen, und da das äußerliche Studium ihm nicht genügte, führte er schließlich Obduktionen an Tieren und Menschen durch. Das Ergebnis waren detailgetreue Darstellungen der Anatomie, aber auch der Organe des Menschen, wie sie bis dahin noch nicht existierten.

Letztlich dienten in seinen Augen all diese Studien aber nur einem Ziel: sie erst befähigten den Maler dazu, die Natur und den Menschen als Ganzes zu begreifen und durch seine Analyse nicht nur ein ausdrucksloses Abbild, sondern Gemälde mit tieferer Deutung zu schaffen.

Seine gesamten Aufzeichnungen hinterließ er Francesco Melzi, einem jungen Adligen aus Mailand, der ihn in den letzten Jahren begleitete. Dieser veröffentlichte in der Mitte des 16. Jh. zumindest einen Teil der Abhandlungen Leonardos über die Malerei und den Vergleich der Künste als Abschrift unter dem Titel „Trattato della pittura“, die erst 100 Jahre später in überarbeiteter Fassung gedruckt wurde. Nach dem Tode Francesco Melzis verkaufen und verschenken dessen Erben die Dokumente, viele gehen in der Folgezeit verloren.

Heute sind Werke von Leonardo da Vinci so begehrt wie rar, gerade einmal 14 Gemälde sind noch erhalten, die ihm mit Sicherheit zugeschrieben werden können. 2017 wurden auf einer Auktion 400 Millionen US-Dollar für das Gemälde „Salvator mundi“ gezahlt, bei dem sich die Experten nicht einmal sicher über dessen Provenienz und Urheberschaft sind.

Titelfoto: (Foto: © myper – stock.adobe.com)

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