Der am 11. September 1866 in Düsseldorf geborene Carl (Friedrich Hubert) Strathmann war der Erstgeborene von fünf Kindern. Sein Vater Carl (Robert Christian Friedrich) Strathmann (1839 – 1907) war Großkaufmann und später Konsul von Chile. Seine Mutter Mary Alice Strathmann (1843 – 1900) war die Tochter von deutschen Auswanderern aus Huddersfield in England. Strathmanns Vater war Inhaber einer großen Firma (Fabrik Strathmann & Joachim), die Musikinstrumente herstellte und international exportierte. Dadurch entstanden auch Geschäftsbeziehungen nach London, wobei die Familie auch dort zeitweise residierte, bevor Strathmann Senior den Wohn- und Firmensitz 1869 nach Leipzig verlegte. 

In Leipzig traf er auf Thomas Theodor Heine, der dort am 28. Februar 1867 als Sohn eines jüdischen Gummiwarenfabrikanten zur Welt kam. Heine und Strathmann vereinte nicht nur die ähnliche Herkunft, sondern auch deren schwarzer Humor, welcher auf die englischen Wurzeln zurückzuführen ist. Der Pfad der beiden jungen Künstler Strathmann und Heine verliefen sowohl in der Kindheit, als auch bei der Kunstausbildung erst einmal parallel. Carl Strathmann besuchte zwei Jahre lang die hoch angesehene Kunstakademie in Düsseldorf. Hier erhielt er zunächst eine konventionelle Ausbildung zum Maler und Künstler. Im zweiten Studienjahr besuchte er außerdem die Klasse für Ornamentik und Dekoration des Architekten und Kunstgewerblers Adolf Schill.

Zu Strathmanns Kommilitonen an der Akademie gehörten neben Heine und Philippi die engen Freunde Paul Neuenborn und Adelbert Niemeyer sowie Paul Bach, Robert Engels, Paul Schröter und Carl Vinnen. Mit diesen auch heute noch bekannten Künstlern verkehrte er später in München unter anderem in diversen Künstlervereinigungen und geselligen Vereinen. Unter seinen Akademiekommilitonen befanden sich außerdem die Mitbegründer der Worpsweder Künstlerkolonie Fritz Mackensen und Otto Modersohn. 

1887 wurde Strathmann wegen Streitigkeiten des Studiums und der Akademie verwiesen. Heine wurde ebenfalls nach Streitigkeiten mit einem Kommilitonen für ein Jahr von der Akademie verwiesen. Die Freundschaft zwischen den beiden Künstlern wurde durch eine Handzeichnung Strathmanns dargestellt. Die Zeichnungen zeigen die beiden Kunststudenten Zeitung lesend und Pfeife rauchend in einem Café. 

In seiner künstlerischen Hochzeit um 1900 löste Strathmann die Grenzen zwischen Karikatur, Malerei und Kunstgewerbe nahezu auf und versah seine meist symbolistischen Aquarelle und Gemälde mit humorvollen Akzenten. Die Kunst des Carl Strathmann ist unterhaltsam, humorvoll und skurril.

Für den Jugendstil und erst recht für den Symbolismus ist er im Grunde zu amüsant und für den Surrealismus zu früh geboren. In einem Entwurf von 1884 hat Strathmann das Dekor eines japanischen Festes mit Gästen in Samurai- und Geishakostümen dargestellt. Die Malerei kündigt seine Affinität für exotische Sujets an und zeugt von seiner Teilnahme an Redouten und Theateraufführungen der Akademiker im Düsseldorfer Künstlerverein Malkasten. Strathmanns fünf Blumenstillleben sind in ihrer Darstellung trotz des wiederkehrenden Motivs und der ähnlichen Komposition sehr differenziert in der Ausführung. Um diese Diversität zu erreichen, wählte Strathmann überlegte und gezielte Techniken sowie Malmaterialien aus. Auf den starren Bildträger trug er die Malfarbe in unterschiedlichem Glanzgrad von „pudrig“ über matt bis hochglänzend auf. Durch die Kreation von pastoser, körperhafter Farbe und dünnen glatten Farbflächen entstanden dreidimensionale, reliefartige Strukturen. In seinen Darstellungen spielt die grafische Linie genauso wie das Ornament mit exakt ausgearbeiteten Details eine primäre Rolle. 

Die Kunstgeschichte ist sich mittlerweile einig, dass Strathmanns Werke in keine Schublade passen, wobei ihn die Kunstgeschichte aufgrund dessen schätzt. Seine Werke sind originell und haben einen bizarren Stil, der bis ins Humoristische reicht.

Die Ausstellung „Jugendstil skurril“ im Stadtmuseum von München zeigt Strathmann in allen Facetten. Zeichnungen aus der Studienzeit an der Kunstakademie Düsseldorf, Blumenstillleben, Arbeiten für das Berliner Kunst- und Literaturmagazin „Pan“, ornamentale Muster für Fliesen und Tapeten, bemalte Wandbehänge, großformatige Historiengemälde, aber auch Entwürfe für Postkarten sind hier zu bewundern. Der Kurator der Ausstellung, Dr. Nico Kirchberger, konnte aus dem Vollen schöpfen. 1960 vermachte Strathmanns einzige Tochter den gesamten Nachlass ihres Vaters dem Münchner Stadtmuseum. Aus insgesamt 447 Objekten hat der Kurator 144 Arbeiten ausgewählt und zwölf Leihgaben organisiert. Die chronologisch dargestellte Ausstellung ist inhaltlich sortiert und dringt immer tiefer ins Lebenswerk von Carl Strathmann vor, sie reist nämlich genau dorthin, wo die Grenzen zwischen Malerei, Kunstgewerbe und Karikatur völlig verschwimmen.

Im August 2020 konnte unser Händler David Suppes in der TV-Sendung „Bares für Rares“ ein bedeutendes Werk von Carl Strathmann ersteigern.

Die Tatsache, dass sich der große Teil des Strathmann-Nachlasses im Besitz des Münchner Stadtmuseums befindet, führt dazu, dass seine Gemälde für Kunstsammler so gut wie nicht am Markt erhältlich sind.

Die seltenen Gemälde, die auf Auktionen auftauchen, erzielen teilweise 5-stellige Beträge. So wurde das Werk „Die Liebeserklärung“ (im Titelbild zu sehen) 2018 im Dorotheum in Wien für 38.000 Euro versteigert.

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