Pablo Picasso – Meister der Moderne

Picasso – kein Künstler des 20. Jahrhunderts ist so umstritten und berühmt wie der Spanier Pablo Ruiz Picasso (1881 – 1973). Den Namen hat jeder schon unzählige Male gehört, weit über die Grenzen der Kunstwelt hinaus. Dass er nicht nur als einer der bekanntesten, sondern auch als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts und der modernen Kunst überhaupt gilt, ist weitaus bekannt.

Als herausragende Künstlerfigur vereint er auf sich sowohl eine popkulturelle als auch akademisch nicht abreißende Beliebtheit und Anerkennung. Keiner war schon so früh und bereits während der eigenen Lebenszeit übereinstimmend zum entscheidenden Künstler seiner Epoche ernannt worden. Keiner wurde so vielfach in Literatur, Film und Malerei thematisiert. Der großen Beliebtheit sowie kunsthistorischen Relevanz entsprechend sind auch in nahezu jeder bekannten Sammlung moderner Kunst, über alle Kontinente verteilt, Werke des Spaniers zu finden. So sehr wie das Oeuvre des Künstlers selbst schon unüberschaubar scheint, lässt sich die Literatur über seine Werke sowie seine Person wohl kaum überblicken und könnte selbst unzählige Bibliotheken füllen. Auf der anderen Seite zeigt sich die Rezeption weiterhin als ungebrochen populär in Form von unzähligen Reproduktionen – vom Druck auf Leinwände, T-Shirts und Tassen bis hin zu Duschvorhängen und Handyhüllen. Zu diesem nicht endenden Strom an Beschäftigungen mit dem Werk Picassos trägt sicherlich nicht zuletzt sein unglaublich umfangreiches Werk von etwa 50.000 Arbeiten bei. Dazu zählen neben Gemälden auch Zeichnungen, Grafiken, Collagen, Plastiken und Keramiken. Allein sich die schiere Menge an Kunstwerken vorzustellen scheint erschlagend. Kein anderer Künstler seiner Generation schuf ein so umfangreiches Werk, weshalb Picasso schon deshalb eine Sonderstellung in der neueren Kunstgeschichte einnimmt.

Dabei ist es allerdings nicht nur die reine Quantität der Arbeiten, die Picasso zu einer herausragenden Figur der modernen Kunstgeschichte hat werden lassen, sondern ebenso die Qualität der Arbeiten und nicht zuletzt auch seine Künstlerpersönlichkeit selbst. So gilt er mal als Erfinder des Kubismus, mal als Macho der die Frauen liebte und zugleich für sein Werk (ver)brauchte. Im Gewirr dieser vielseitigen und sich durchaus nicht widersprechenden Darstellungen wird Picasso oft selbst zur mythischen Figur, gleich dem Minotaurus, mit dem er sich auch malerisch eindrucksvoll und einfühlsam verglich. Versuchen wir also den Ariadnefaden zu finden, aufzuwickeln und vor der Übermacht des Stieres zu entkommen, um das Labyrinth Picasso überblicken zu können.

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Die Wurzeln der modernen Kunst

Wie bereits deutlich geworden ist, würde eine umfassende Beschäftigung mit dem Werk und der Persönlichkeit Picassos jeden Rahmen sprengen. Allerdings zeigen die vielfältigen Meinungen zu seinem Schaffen alle Extreme von Auffassungen über den Stellenwert der modernen Kunst, von völliger Ablehnung bis hin zu beinahe heilsgeschichtlichen Zuschreibungen. Deshalb ist es zwingend notwendig zumindest grob die Gemengelage zu beschreiben, in die sich der junge Künstler zu Anfang des 20. Jahrhunderts stürzte. Sein Werk kann nicht als losgelöst von kunsthistorischen Entwicklungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts betrachtet werden, die von zentraler Bedeutung für seine Malerei waren.

 

Picasso (Mitte) mit Modigliani und Salmon

Wenn auch die Moden der Kunst über die Zeit wechselten und Künstler begannen verschiedene Fragestellungen und Probleme zu lösen, sei es das harmonische Arrangement der Figuren oder Farbe und dramatischer Ausdruck – der Zweck der Malerei, der Plastik und Kunst im Allgemeinen wurde trotz vielfältiger Veränderungen nicht grundlegend infrage gestellt. Er bestand stets in der klassischen Auftragsarbeit, also schöne Dinge für meist wohlhabende Menschen zu schaffen, die danach verlangten. Das heutige Verständnis von Kunst, die oft als eine spezifische Form des individuellen Ausdrucksvermögens verstanden wird, war also lange Zeit nur sehr eingeschränkt die Norm. Ein Verständnis der Autonomie der Kunst sowie der Künstler begann sich erst vom ausgehenden Mittelalter im Laufe der gesamten Neuzeit zu entwickeln. Mit der französischen Revolution fand eine erste große Zäsur statt, in deren Folge mit den klassischen Themen gebrochen und eine Vielfalt an neuen Sujets ausprobiert wurde. Dieser Bruch der Tradition führte ebenso zu einem neuen Selbstverständnis der Künstler, die immer öfter einem autonomen Selbstanspruch entsprechend nicht mehr den Forderungen der Aufraggeber folgen wollten. Über dieser neugewonnen Freiheit stand allerdings stets der bedrohliche Schatten, buchstäblich zu verhungern. Infolgedessen entwickelte sich die Malerei im 19. Jahrhundert in einem rasenden Tempo, von Eugene Delacroixs (1798–1863), der mehr Wert auf Farbe und Fantasie, als auf zeichnerisches Können und Intellekt legte, über Gustave Coubert (1819–1877), der mittels eines strikten Realismus die Erforschung der sichtbaren Welt vorantrieb, bis hin zu Edouard Manet (1832–1883), der, statt mit feinen Abstufungen von Licht und Schatten, Tiefe und Räumlichkeit vor allem durch Farbe zu erreichen suchte. Gemeinsam war all diesen Künstlern, dass sie stets um eine realistische Naturdarstellung bemüht waren und insofern vor allem Fragen der Methode strittig waren.

Picassos „einziger Meister“

Es war jedoch erst Paul Cézanne (1839–1906), den Picasso später als seinen einzigen und einzigartigen Meister bezeichnen sollte, der das Ziel der Naturnachahmung in seiner Malerei bewusst aufgab und grundlegende und neue Fragen stellte. Er beschied: „Nach der Natur malen bedeutet nicht den Gegenstand kopieren, es bedeutet seine Empfindungen zu realisieren.“ Die Wahrnehmung war für Cézanne nicht nur ein vom Objekt ausgehender Reiz, sondern ebenso ein im Menschen als psychische Reaktion wahrnehmbare Emotion. Für ihn war es die Farbe, die zwischen den Dingen und der Empfindung vermittelt. Damit wurde die traditionelle Aufgabe der Malerei, die als objektiv verstandene Abbildung der Wirklichkeit, grundlegend in Frage gestellt.

Berühmtes Werk „Montagne Sainte-Victoire“ (1904) von Paul Cézanne

Nicht zuletzt kann diese Wende auch als Abgrenzung von der seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts immer populärer werdenden Fotografie verstanden werden.
Dessen ungeachtet begründete Cézanne mit seinem neuen Verständnis der Wahrnehmung neben Van Gogh (1853–1890) und Gaugain (1848–1903) eine für die Malerei bis heute anhaltende Wende. Formal griff er dabei auf die von den Impressionisten weitergeführten Überlegungen Manets zurück, Farbe zur Modellierung und Ausdruck zu nutzen. Allerdings suchte er nach einem Ausgleich des durchaus wirren impressionistischen Stils durch harmonische Komposition, Klarheit und Ausgewogenheit. Die Beziehung zwischen Farbe und Modellierung wurde zum spezifischeren Problem – Ordnung in der Fläche erreichen ohne Raumwirkung aufzugeben. Die Konvention der stets richtigen Zeichnung war für ihn dabei zweitrangig, obgleich er hervorragend zeichnen konnte. Dieser radikale Wandel in der Malerei durch Cézanne, im Detail weitaus komplexer als hier dargestellt, kann als zentraler Marker für den Aufbruch in die klassische Moderne verstanden werden, weshalb Picasso einst nicht ganz zu Unrecht sagte: „Cézanne! Cézanne war unser aller Vater.“

Der Kubismus oder: ein Star wird geboren

Das außergewöhnliche Talent Pablo Ruiz Picasso fiel schon früh auf. Im Jahr 1881 in Malaga geboren, wuchs er mit den besten Voraussetzungen auf. Sein Vater, selbst Maler und Zeichenlehrer an der örtlichen Kunstgewerbeschule, erkannte die Begabung des jungen Pablo rasch und förderte ihn mit allen Mitteln. Bereits bevor Picasso volljährig war, im Alter von 16 Jahren, hatte er wie im Zeitraffer eine akademische Ausbildung der Malerei absolviert, die ihm als solides handwerkliches Fundament dienen sollte. Wichtige Bildmotive, wie Tauben, Stierkampfszenen und Selbstbildnisse, die in seinem Werk immer wieder auftauchen sollten, hatten hier ihre Wurzeln.

Briefmarke mit Selbstbildnis Picassos von 1896

Folgend auf mehrere Reisen nach Paris zwischen 1900 und 1902 sollte Picasso im Jahr 1904 endgültig in die französische Hauptstadt übersiedeln. Dort sammelte er viele neue Erfahrungen, lernte die Pariser Bohème in im Stadtteil Montmartre kennen und konnte erste finanzielle Erfolge während seiner sogenannten Blauen Periode und Rosa Periode feiern.

Der große Wendepunkt war jedoch das Jahr 1907, in dem Picasso mit seinem schockierenden Bild Les Demoiselles d’Avignon radikal neue Formen geschaffen hatte und damit einen Meilenstein in der Kunst des 20. Jahrhunderts setzte. Der Beginn des Kubismus war geschaffen und damit die radikale Loslösung vom Abbild der Realität, die vertrauten Formen der Gegenstände wurden aufgebrochen, die sichtbare Welt in kleinste Teile zerlegt und im Bild neu organisiert. Die von Cézanne bereits begonnene Reduktion der Formenvielfalt der Wirklichkeit auf geometrische Grundelemente wurde von Picasso konsequent weitergetrieben. Eine häufig zitierte Aussage Cézannes, „die Natur gemäß Zylinder, Kugel und Kegel“ zu behandeln, steht dabei als zentraler Anstoß im Zentrum der Rezeption der Kubisten. Auch wenn die heutige Forschung die Interpretation seitens Picassos als durchaus produktives Missverständnis deutet, bleibt die Bedeutung Cézannes für die Entstehung des neuen Stils und allgemeinen Verhältnisses des Malers zur Wirklichkeit beispiellos.

Das Ziel der Kubisten war endgültig nicht mehr die Naturnachahmung, sondern vielmehr die Konstruktion. Die kubistischen Gemälde setzen sich aus allen möglichen verschiedenen und zugleich präsenten Ansichten eines Gegenstandes zusammen, sodass das sonderbare Formengemisch auf eine eigenartige Weise mehr von einer wirklichen Geige enthält als eine einzelne Fotografie oder ein klassisches Gemälde. In dieses Spiel mit den Formen wurden häufig auch Elemente der physischen Wirklichkeit aufgenommen (Zeitungsausschnitte, Holzteile, Pappe, Bleche, Spielkarten) und die Collage und Assemblage war geboren. Picasso und sein zu dieser Zeit enger Malerkollege Georges Braque (1882–1963) radikalisierten diesen Stil stetig weiter und zerlegten die Bildmotive in immer kleinere Partikel, bis die Gegenstände kaum noch zu erkennen waren. Damit war spätestens 1915 ein Endpunkt dieser Überlegungen erreicht, jedoch spielte das grundlegende Problem der Verfremdung durchweg eine zentrale Rolle in Picassos Schaffen. Der Künstler aus Malaga war zwischen 1907 und 1915, in nicht einmal zehn Jahren, zu einem international bekannten Künstler avanciert. Der Kubismus entfaltete rasch seine Wirkung und beeinflusste den italienischen Futurismus, den russischen Konstruktivismus und auch die niederländische De-Stijl-Bewegung.

Picasso der Tausendsassa

Picasso stand 1915 in einem Alter von 34 Jahren auf der Weltbühne der Kunst und war noch lange nicht fertig. Es sollte noch 58 Jahre dauern bis der Maler aus Malaga am 8. April 1973 starb. Ohne jede Entwicklung und Periode im Detail nachzeichnen zu können, sei nur kurz aufgezählt, dass er in der Malerei noch unendlich viel mehr Wandlungen durchlief. Er spielte im Anschluss an den Kubismus mit dem Klassizismus, ging einen innigen Flirt mit dem Surrealismus ein, bannte mit seinem Werk Guernica von 1937 das Grauen des spanischen Bürgerkrieges auf die Leinwand und läutete damit in den krisengebeutelten Jahren des zweiten Weltkriegs seine sogenannten barbarischen Periode ein, in der er eine ganz eigene Darstellungswelt von Gewalt, Angst und Tod schuf. Während der Künstler Picasso vor allem als Maler bekannt ist erstreckte sich sein Schaffen jedoch weit darüber hinaus. So gestaltete er im Experimentierfeld Theater an der Seite des berühmten Komponisten Eric Satie Entwürfe für das Kostüm- und Bühnenbild des Balletts Parade. Ebenso schuf er unzählige Plastiken, Keramiken und nutze Zeit seines Lebens die Fotografie für technische Experimente und nicht zuletzt auch als Mittel zur Studie von Körperhaltungen und Gesichtsausdrücken.

Die „Fliegende Taube“ (1952) von Pablo Picasso

Insbesondere auch die Lithographien Picassos bieten bis heute noch eine Möglichkeit, bezahlbare Werke des bedeutenden Modernisten zu erwerben. Bei der Lithographie handelt es sich um eine graphische Technik, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfunden wurde und es dem Künstler ermöglicht, mit speziellen Stiften direkt auf eine Steinplatte zu zeichnen. Somit ist es möglich die Zeichnung unverändert durch Druck vielfach zu reproduziert. Mittels dieser Technik entwarf Picasso anlässlich des Weltfriedenskongresses 1950 in Sheffield ein wohl sehr bekanntes Motiv, die Fliegende Taube, die als Friedenstaube bis heute zum Symbol des Friedens schlechthin wurde.

In der Sendung „Bares für Rares“ vom 10. Februar 2021 konnte unser Händler David Suppes eine besondere Lithografie von Pablo Picasso erwerben.

Mensch oder Genie?

Ungeachtet des herausragenden Talents wurde deutlich, dass Picasso durchaus an eine stete Entwicklung der Kunstgeschichte anknüpfte und sich in diese einfügt. Dabei darf ebenso nicht verschwiegen werden, dass die Erfahrungen, historischen Verhältnisse und insbesondere Menschen, mit denen er verkehrte, einen maßgeblichen Einfluss auf sein Schaffen hatten. Dabei sind vor allem die vielzähligen Frauen an Picassos Seite zu erwähnen, die der Künstler oftmals vollkommen rücksichtslos, verletzend und zerstörerisch behandelte, um sie anschließend beschädigt zurückzulassen. Der Biograph und Freund Picassos John Richardson beschreibt es wie folgt: „Wenn eine andere Frau in Picassos Leben auftaucht, ändert sich alles für ihn. Der Dichter ändert sich, der Freundeskreis ändert sich, das Haus ändert sich. Alles verändert sich mit der Geliebten.“ So ist das Werk durch den Menschen und der Mensch durch seine Umwelt zu verstehen und alles aufs Engste miteinander verbunden. Womöglich ist es diese historisch einzigartige Konstellation, die es dem Künstler Picasso ermöglichte, ein unvergleichliches Werk zu schaffen, dass bis heute die Welt begeistert. Seine außerordentliche Fähigkeit bestehende Konventionen der Kunst auszumessen, auszudehnen, zu überschreiten und den Rahmen neu zu setzen ist und bleibt bewundernswert.

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