Die Automatikuhr – Wunderwerk feinster Uhrmacherkunst

Automatikuhren sind kleine Wunderwerke feinster Uhrmacherkunst. Eine Vielzahl präziser Einzelteile muss perfekt ineinandergreifen, damit das Uhrwerk Jahr um Jahr möglichst genau die Zeit anzeigt. Verschiedene Systeme funktionieren alle auf engstem Raum, und wenn die Uhr einen transparenten Sichtboden besitzt, kann man dieser faszinierenden Technik bei der Arbeit zuschauen. Es ist daher kein Wunder, dass sich manche Modelle unter Sammlern großer Beliebtheit erfreuen. Extra für sie wurden deshalb auch Uhrenbeweger erfunden. Das sind häufig ebenfalls als Sammlerstücke konzipierte Konstruktionen, die Automatikuhren langsam drehen, damit der Rotor im Uhrwerk in Bewegung und die Uhr somit nicht stehen bleibt.

Meilensteine in der Geschichte der Automatikuhr

Erfunden wurde das Prinzip einer sich selbst durch Bewegung aufziehenden Uhr bereits in den 1770er-Jahren, und zwar parallel in der Schweiz und in Belgien.

Die Erfindung einer sich selbst aufziehenden Uhr durch den schweizerischen Uhrmacher Abraham-Louis Perrelet wurde am 11. Juni 1777 in Genf mitgeteilt, während die Entwicklung des belgischen Uhrmachers Dieudonné-Hubert Sarton einer Taschenuhr mit automatischem Aufzug am 23. Dezember 1778 in Paris vermerkt wurde.
Allerdings hatte es diese Neuerfindung schwer, sich durchzusetzen. Etwa um die gleiche Zeit wurde nämlich auch die mittels einer Krone aufziehbare Uhr erfunden, die den zuvor notwendigen Schlüssel zum Aufziehen einer Uhr überflüssig machte. Gegenüber dieser simplen Erleichterung hatte die wesentlich teurere Automatikuhr kaum eine Chance.

Erstes Armbanduhrwerk mit Hammeraufzug von John Harwood (Foto: Privat)

Als eigentlicher Erfinder der Automatikuhr gilt heute der britische Uhrmacher John Harwood von der Isle of Man. Am 1. September 1924 erhielt er ein Patent auf das von ihm entwickelte Automatikwerk. 1926 brachte er zusammen mit den Firmen Fortis Uhren und Blancpain je ein Uhrenmodell auf den Markt.

Entwicklung der Uhrenmodelle mit beidseitigem Aufzug

1932 erhielt die erste Automatikuhr mit einem einseitigen Aufzug ein weltweites Patent, die Oyster Perpetual von Rolex.
Es dauerte weitere zehn Jahre, bis 1942 das erste Patent für eine Uhr mit Aufzug durch einen beidseitigen Rotor erteilt wurde. Das Modell hieß Bidynator und wurde von der Firma Felsa aus dem schweizerischen Langnau auf den Markt gebracht. Die geniale Idee hier war, dass der Aufzug funktionierte, gleich, in welche Richtung der Rotor sich bewegte.

Rolex Oyster Perpetual, erstmals 1931 mit verbautem Automatikuhrwerk Kaliber 620 (Foto: Privat)

Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Um im Wettbewerb mithalten zu können, waren weitere Erfindungen notwendig, die patentiert werden konnten.
So ließ die ebenfalls schweizerische Firma Longines im Jahr 1945 die Erfindung eines sogenannten Exzenterwechslers patentieren, der den beidseitigen Aufzug in einem raffinierten Zusammenspiel mit Schalt- und Sperrklinken ermöglichte.
Und bereits 1948 folgte die Eterna-Matic der schweizerischen Firma Eterna mit Sitz in Grenchen. Hier dachte sich der Ingenieur Heinrich Stamm ein Miniatur-Kugellager, um das sich der Rotor drehte, und ein Wechselgetriebe mit federlosen Klinken aus und ließ es sich patentieren. Dieses neue System verursachte geringere Verluste bei der Übertragung der Bewegungsenergie auf die Zugfeder im Federhaus. Außerdem gelang es der Firma Eterna erstmals, das Automatikwerk mit seinen zwölf Teilen in ein geschlossenes Modul zu integrieren.
Schließlich folgte 1950 noch die letzte Neuerfindung im Bereich der Automatikuhren mit beidseitigem Aufzug, der nach dem Uhrmacher Albert Pellaton benannte Pellaton-Aufzug. Pellaton erfand die Kraftübertragung vom beidseitig schwingenden Rotor auf das Federhaus über eine Kurvenscheibe und ein Schaltklinkensystem mit Rücklaufsperre.

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Der Siegeszug der Quarzuhren vor allem in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre, die rasch nicht nur preiswerter wurden als herkömmliche mechanische Uhren, sondern obendrein an Genauigkeit unschlagbar waren, setzte den Automatikuhren stark zu. Viele traditionelle Uhrmacherwerke mussten schließen, als immer billigere Quarzuhren aus Fernost die Märkte weltweit überschwemmten.
Dennoch erfand der Konstrukteur Edmond Capt 1973 das Automatik-Uhrwerk Valjoux 7750. Es besitzt eine vergleichsweise simple Mechanik mit einem einseitigen Aufzug. Trotzdem ist es das bis heute meistgenutzte Uhrwerk in Automatikuhren, der unumstrittene Bestseller.

Der Durchbruch der Automatikuhr mit einseitigem Aufzug

Der Saphirglasboden der Patek Phillippe gibt Einsicht in das Uhrwerk (Foto: Patek Philippe)

Auch spätere Erfindungen verzichten auf das in Automatik-Uhrwerken mit beidseitigem Aufzug notwendige Wechselgetriebe, indem sie auf den einseitigen Aufzug setzen. So entwickelte Gerard Perregaux 1994 eine Reihe besonders flacher Uhren mit einem zentralen Kugellagerrotor, der sich nur in eine Richtung dreht. Die Konstrukteure folgten dabei ihrer Überzeugung, dass ein nur einseitig aufziehender Rotor deutlich sensibler auf die Armbewegungen des Uhrenträgers reagiert.
Dieser Überzeugung schlossen sich 2004 auch Jaeger-LeCoultre und Patek Philippe an, indem sie ebenfalls neue Automatikuhren mit einseitigem Aufzug auf den Markt brachten.
Der Streit darüber, ob denn nun das ein- oder das zweiseitige Aufzugssystem dass bessere ist, bleibt bis heute unentschieden und ist vor allem eine Sache der Überzeugung.

Trotz der Bedrohung durch die batteriebetriebenen Quarzuhren, welche die wundervollen Automatikuhren nach ihrer Einführung beinahe verdrängt hätten, haben sich die mechanischen Automatikuhren ihren Platz im Gesamtangebot an Armbanduhren neu erobert. Es gibt heute eine Vielzahl an attraktiven Uhren, auch solchen, die direkt als Sammlerstücke in geringer Stückzahl hergestellt werden.
Daneben sind die oft wunderschönen älteren Modelle, von denen einige hier beschrieben wurden, wertvolle Stücke, die das Herz jedes Sammlers höher schlagen lassen.

Wie funktioniert eine Automatikuhr?

Das grundlegende Prinzip der Automatikuhren ist immer das gleiche, auch wenn sich die technische Ausführung im Detail von Uhrmacher zu Uhrmacher unterscheidet.
Ein meistens halbrundes, gelegentlich auch kunstvoll durchbrochenes Schwingelement, das Rotor genannt wird, ist mittels eines Kugellagers so beweglich befestigt, dass es bei jeder Bewegung der Uhr durch die Erdanziehungskraft zum Boden – eigentlich sogar zum Erdmittelpunkt – hinstrebt. Durch die ständigen Schwingungen wird über eine winzige Getriebekette eine Feder in Spannung versetzt. Diese Feder im sogenannten Federhaus strebt nun in ihren ursprünglichen, ungespannten Ausgangszustand zurück. So wird die durch den Rotor erzeugte kinetische Energie oder Bewegungsenergie gespeichert. Eine Bridge oder Rutschkupplung sorgt dafür, dass die Feder nicht überspannt wird. Man kann die Uhr also nicht durch zu viel Bewegung beschädigen.

Automatik-Uhrwerk Valjoux 7750

Es gibt Automatikuhren mit einseitigem Aufzug und mit zweiseitigem. Das bedeutet, der Rotor dreht sich immer nur in eine Richtung oder aber in beide. Beim zweiseitigen Aufzug befindet sich zwischen dem Rotor und dem Räderwerk ein sogenannter Wender, der aus zwei gegenläufigen Rädchen besteht und dafür sorgt, dass die Feder immer gespannt, nie entspannt wird.

Die Kraft durch den Zug der Feder, auch Antriebsfeder genannt, wird an das Räderwerk oder Antriebssystem weitergeleitet, das aus mehreren feinen Zahnrädchen zusammengesetzt ist. Dieses Antriebssystem wiederum überträgt die Energie auf die Hemmung, bestehend aus Ankerrad und Anker. Das Ankerrad lässt die Energie genau dosiert entweichen. Wenn die Zähne des Hemmungsrads an den Paletten des Ankers anstoßen, die mit künstlichem roten Rubin besetzt sind, entsteht das typische Ticken der Uhr.
Die Unruh im Herzen des Uhrwerks pendelt pro Sekunde zwischen fünf und zehn Mal hin und her und regelt damit das Uhrwerk.

Das Räderwerk ist ebenfalls direkt verbunden mit Stundenrad, Minutenrad und Sekundenrad, die ihrerseits mit den Zeigern gekoppelt sind. Die Kraft der Feder wird auf das jeweilige Rädchen übertragen und sorgt durch die exakt bemessene Größe dafür, dass beispielsweise das Minutenrad innerhalb von 60 Minuten eine volle Umdrehung durchführt. Das Minutenrad ist mit dem Minutenzeiger verbunden, der somit in einer Stunde einmal ganz über das Zifferblatt wandert.
Automatikuhren gehen in der Regel genauer als mechanische Uhren, die man mittels der Krone von Hand aufzieht. Mit der Exaktheit einer elektronisch gesteuerten Quarzuhr können sie allerdings auch nicht mithalten.

Die Gangreserve beziehungsweise Gangautonomie liegt im Allgemeinen zwischen 35 und 60 Stunden. Lässt man die Uhr länger liegen, bleibt sie stehen. Will man sie dann erneut in Gang bringen, muss man sie nur ein wenig schütteln, bis der Rotor wieder Bewegungsenergie auf die Feder im Federhaus übertragen hat. Man kann sie jedoch auch mithilfe der Krone aufziehen wie eine mechanische Uhr. Neu auf die genaue Uhrzeit einstellen muss man die Uhr allerdings ebenfalls, wenn sie erst einmal stehen geblieben ist.

Titelfoto:  (© shima-risu – stock.adobe.com)

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