Das Art Déco, das ab 1915 den Jugendstil als vorherrschende Stilepoche ablöst, präsentiert sich in der kompletten Vielfalt der Kunst: von den Skulpturen und Malereien, über die Grafiken zum Kunstgewerbe bis hin zur Architektur. Ergebnisse aus der Kunst in den letzten Jahrzehnten vor den goldenen Zwanzigern, gepaart mit modernen Einflüssen aus dem Kubismus und Futurismus prägen den Art Déco Stil, der visuell ansprechend ist, jedoch nicht intellektuell beunruhigt.

Da die Epoche des Art Déco erst in den 1960er Jahren zu einer eigenen Stilrichtung definiert wurde, lässt sich kein eindeutig zugrundeliegendes Stilelement festlegen, Art Déco gilt als Nachfolger des Jugendstils (Art nouveau). Höhepunkte des Art Déco sind je nach Land und Region in den 1920er und 1930er Jahren zu finden.
Der Begriff Art Déco wurde erstmals 1966 in der englischen Zeitschrift The Times verwendet und entstammt dem Wort „Arts Décoratifes“, was soviel wie „Kunstdekorationen“ bedeutet.

Merkmale und Ursprünge des Art Déco

Die Werke des Art Déco sind geometrisch, symmetrisch, stromlinienförmig und oft visuell ansprechend. Der Stil des Art Déco steht im direkten Gegensatz zu der avantgardistischen Kunst der Zeit, die den Zuschauer im Alltag herausforderte, den Sinn und die Schönheit in oftmals anti-traditionellen Formen und Motiven zu finden. Die Wiege des Art Déco ist Paris, der Stil hat die Kultur und Architektur jedoch weltweit als Ganzes beeinflusst. Hinter der Kernidee des Art Déco (ähnlich dem Jugendstil) versteckt sich ein moderner Kunststil, der probiert künstlerische Akzente mit funktionalen Objekten zu fusionieren. Diese Bewegung differenziert sich von der bildenden Kunst insofern, dass das Kunstobjekt in der bildenden Kunst keinen praktischen Zweck beziehungsweise Nutzen haben muss. Mit der Einführung von Großserienanfertigungen wollten die Designer und Künstler das Exterieur von den Massenproduktionen verbessern – von Schmuck und Accessoires bis hin zu Autos und Gebäuden.

Das Streben des Art Déco Stils nach Individualität und Schönheit in allen Facetten des Lebens reflektiert direkt die Neuheit und Nutzung neuartiger Fertigungsmethoden wieder, nicht die bisherigen traditionellen Handwerksmethoden zur Fertigung vieler Objekte.

Die Grundhaltung des Art Déco wich entschieden vom Kunsthandwerk und dem Jugendstil ab, was die Individualität und Originalität handgefertigter Objekte stilisierte und betonte. Der Jugendstil ist geprägt von handgefertigter Qualität, die symbolisch für das Elitedenken dieser Zeit steht im Gegensatz zur egalitären Zielsetzung des Art Déco: ästhetisch ansprechende, maschinell gefertigte Objekte, die jedem zugänglich waren. Die amerikanische Version des Art Déco-Stils war eine „Stromlinien-Moderne“. Sie war eine reduzierte Variation des oft aufwändigeren gestalteten Art Déco in Europa.

Anfang des 20. Jahrhunderts realisierten viele namenhafte Künstler, Designer und Architekten, die unter anderem eine relevante Rolle bei der Entwicklung des Jugendstils in Frankreich spielten, dass dieser Stil nicht mehr zeitgemäß war. Als die industrielle Revolution Ende des 19. Jahrhunderts ihre volle Intensität entfaltete, unterschied sich das damalige Leben stark von den Jahrzehnten davor. Es war Zeit für eine Innovation, etwas, dass das 20. Jahrhundert in seiner ganzen Wirksamkeit zum Ausdruck bringen sollte. 

Der Begriff Art Déco wurde von dem modernistischen Architekten Le Corbusier oftmals in seinen Artikeln abwertend verwendet. Er kritisierte den Stil wegen seiner Verzierung – die er in der modernen Architektur als unnötig empfand. Die Befürworter jedoch begrüßten den Stil als minimale, moderne Antwort auf die üppige Ornamentik des Jugendstils. Ende der 1960er Jahre, als das Interesse abermals entfacht wurde, wurde der „Art Déco“ Begriff vom britischen Kunsthistoriker Bevis Hiller in einen positiven Kontext gebracht und verwendet.

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Dekorative Künstler in Frankreich

Mit dem Wunsch, in Harmonie und Innovation in das 20. Jahrhundert zu gehen und nicht an Nostalgie zu hängen, gründete sich ein Kollektiv mit französischen Designern, Künstlern und Architekten. Sie bildeten eine Organisation mit dem Namen: Societé des Artistes Décorateurs (Die Gesellschaft der dekorativen Künstler). Frankreich unterstützte die Organisation und förderte die Tendenz der neuen künstlerischen Tätigkeit.

Jugendstilarchitekt Hector Guimard, Grafiker und Jugendstildesigner Eugene Grasset, sowie aufsteigende Dekorationskünstler und Designer wie Francis Jourdain und Pierre Chareau wurden zu den Leitfiguren dieser künstlerischen Vereinigung. Die Intention der Vereinigung war es, die hierarchische Struktur der bildenden Künste zu hinterfragen, denn die klassischen Mal- und Bildhauermedien räumten den dekorativen Künstlern einen geringeren Stellenwert ein. Jourdain brachte zu dieser Zeit folgendes Zitat hervor: „Wir haben uns entschlossen, die dekorative Kunst, die rücksichtslos als Aschenputtel oder armer Verwandter behandelt wird, der mit den Dienern essen darf, an den wichtigen, fast dominanten Ort zurückzugeben, an dem sie in der Vergangenheit, zu allen Zeiten und in allen Ländern der Welt stand“. 1914 sollte eine Großausstellung stattfinden, die das neue Kunstgewerbe präsentieren sollte. Diese wurde aber wegen des Ersten Weltkrieges und aus diversen anderen Gründen verschoben und fand erst 1925 statt.

Die „Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes“, die Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst und Kunstgewerbe wurde 1925 in Paris auf circa 23 Hektar von der französischen Regierung zwischen der Promenade der goldenen Kuppel „Les Invalides“, den Eingängen des „Petit Palais“ und des „Grand Palais“ auf beiden Seiten der Seine veranstaltet.

Über 15.000 Architekten, Designer und Künstler präsentierten mit ihren Werken den neuen modernen Art Dèco Stil. Die Ausstellung besuchten in 7 Monaten über 15 Millionen Menschen, sie steht bis heute als Symbol für den Beginn der Bewegung.

Jugendstil vs. Art Déco

Art Dèco war die direkte Reaktion auf den Jugendstil, sowohl im philosophischen als auch im ästhetischen Blickwinkel, aber auch die Reaktion auf das facettenreiche kulturelle Phänomen der Moderne. Während des Ersten Weltkrieges geriet der Jugendstil aus der Mode. Kritiker bemängelten die filigranen, oft aufwendigen Details für das Design, die hohen Materialkosten und die konservativen Herstellungsmethoden. Sie empfanden es für das zunehmend maschinell geprägte moderne Zeitalter als ungeeignet. Die Jugendstilbewegung ist geprägt durch ihre komplizierten, stilisierten Formen aus der Natur und die handwerklichen Tugenden der Künstler, im Gegensatz dazu betonte die Art Dèco Bewegung die Vereinfachung des Maschinenzeitalters und die verschlankte Geometrie der Objekte.

Art Déco und Moderne

Die „Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes“ stellte nicht nur Werke im Art Déco Stil aus, sondern auch Objekte avantgardistischer Skulpturen und Malereien in Stilen des Konstruktivismus, Bauhaus, Kubismus, de Stijl und Futurismus. Um 1920 war der Art Déco Stil der Antagonist zu den ästhetischen Facetten des Bauhaus und de Stijl. Alle drei Stile teilen jedoch die Betonung auf eine starke, klare Linienführung als organisierendes Gestaltungsprinzip.

Die Art Déco Künstler nahmen die technischen Innovationen, Mechanisierung und die neuen modernen Materialien an und probierten damit die Gesamtästhetik des Art Déco Stils hervorzuheben. Die Künstler ließen sich auch von anderen Bewegungen der Moderne inspirieren und verarbeiteten diese in ihren Objekten. 

Der Art Déco Stil nach der Weltwirtschaftskrise

Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 begann auch die zweite Epoche des Art Déco. Die Sparsamkeit und der Pragmatismus dieser Epoche spiegelt sich in der zweiten Welle des Art Déco Stils wieder. In der ersten Phase des Art Déco war beispielsweise die Architektur der Wolkenkratzer vertikal ausgerichtet.

In der zweiten Phase des Art Déco präsentieren sich die Wolkenkratzer mit schmucklosen Außenseiten und horizontalen Akzenten. Sie symbolisieren eine stille Würde der Widerstandsfähigkeit. Zwischen 1929 und 1931 während der wirtschaftlichen Depression wandelte sich der amerikanische Art Déco von der Befolgung von Trends zum Erfinden neuer Trends.

Die Stromlinien-Moderne

Die amerikanische Fortsetzung der europäischen Stilrichtung des Art Déco war die Stromlinien-Moderne. Über die schwerwiegenden wirtschaftlichen und philosophischen Effekte der Krise hinaus waren die ästhetischen Inspirationen für die ersten Strukturen der Stromlinien-Moderne Gebäude, die von Fürsprechern der Neuen Sachlichkeit entworfen wurden, die aus einem informellen Zusammenschluss deutscher Künstler, Designer und Architekten entstanden sind, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts gebildet hatte.

Die Architekten und Künstler der neuen Sachlichkeit ließen sich von der gleichen Art des schlichtem Pragmatismus begeistern, der die Befürworter der Stromlinien-Moderne zwang, sich von den Exzessen abzuwenden, einschließlich der Emotionalität der expressionistischen Kunst. Die Designer und Architekten der Stromlinien-Moderne fokussieren sich darauf, Strukturen zu kreieren, die als minimal und praktisch angesehen werden können und die die Bedürfnisse des realen Lebens reflektieren. Die Künstler zogen es vor, ihre Konzepte der echten Welt anzupassen, anstatt ihre Gedanken an eine Ästhetik anzupassen, die nicht mehr zeitgemäß war. Die Architekten erweiterten ihr Wissen und Können im Bereich der Fertigteiltechnologie.

Die Stromlinien-Moderne zeigt Architektur ohne pompöse Verzierungen mit klaren, langen Kurven. Betont werden diese mit langen horizontalen Linien, Bullaugenfenstern, Glasbausteinen sowie zylindrischen und oftmals auch nautischen Formen. Der Fokus lag auf der Aerodynamik und anderen Darstellungen der modernen Technologie. Die exotischen und teureren Materialien die im Art-Déco in Europa eingesetzt wurden, wurden in Amerika durch Chrom-, Beton- und Glasteile ersetzt.

Auch die Farben Gelbweiß sowie Beige- und Brauntöne wurden effizient eingesetzt, sodass diese den wesentlich lebhafteren Stil in Europa ersetzten. Der Stil implementierte sich zunächst erst in der Architektur und wurde dann auf andere Kunstobjekte erweitert.

Die Globalisierung des Art Déco

Der Art Déco Stil setzte sich in so diversen Metropolen der Welt wie z.B. Havanna (Kuba), Jakarta und Mumbai durch. Havanna verfügt über einen ganzen Bezirk im Art-Déco-Stil. Das Londoner Metrosystem ist stark an den Art Déco Stil angelehnt. Im Hafen von Shanghai befinden sich mehr als fünfzig Art Déco Skulpturen, von denen die meisten von Laszlo Hudec entworfen wurden. Von Kriegsdenkmälern bis hin zu Krankenhäusern haben Städte wie Sydney und Melbourne in Australien den Stil auch rezipiert.

Stil und Konzept

Der Art Déco Stil hat die grundlegende Charakteristik der linearen und geometrischen Formen, die sich oftmals wiederholen. Ähnlich wie bei dem Vorgänger des Art Nouveau, wurden auch hier bekannte Motive stilistisch wiedergegeben. Das Ausmaß der Stilisierung hängt von der örtlich differenzierten Interpretation des Art Déco ab.

„The Firebird“ von René Lalique ist beispielsweise äußerst schlank und elegant, wohingegen in New York der Atlas vor dem Rockefeller sehr linear und robust wirkt. Beide Skulpturen werden dem Art Déco Stil zugeschrieben. Um die Ausdrucksformen des Maschinenzeitalters und der modernen Technologien hervorzuheben, verwendeten die Künstler oftmals moderne Materialien wie rostfreien Stahl oder Kunststoff. Diese Materialien wurden oftmals mit teuren Materialien veredelt, z.B. Horn oder Elfenbein.

Die Architektur des Art Déco

Die Art Déco Architektur zeichnet sich durch scharfkantige, oft opulente verzierte Designs aus, die durch glänzende Metallakzente betont werden. Die meisten dieser Gebäude haben eine vertikale Gewichtung, die so konstruiert ist, dass man den eigenen Blick nach oben lenkt. Rechteckige, oft blockartige Formen werden geometrisch so angeordnet, dass Dachspitzen und gebogene Zierelemente für eine stromlinienförmige Wirkung sorgen. Das Chrysler Building in New York und die pastellfarbenen Gebäude in Miami gehören zu den berühmtesten amerikanischen Beispielen, obwohl der Stil in vielen Gebäuden auf der ganzen Welt eingesetzt wurde.

Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs in Europa und Nordamerika kam der Art Déco Stil aus der Mode, wobei die Autorität des Krieges den Stil immer dekadenter und schriller wirken ließ. Metalle wurden zur Verwendung beim Rüstungsbau benutzt und Einrichtungsgegenstände wurden nicht mehr als Statusobjekte betrachtet. Weitere technologische Fortschritte ermöglichten eine kostengünstigere Produktion von grundlegenden Konsumgütern, wodurch die Notwendigkeit und Popularität von Art Déco Designern überflüssig wurde. Die Art Déco Bewegung, die sich in vielerlei Hinsicht von der Vergangenheit lösen wollte, ist heute zu einem leidenschaftlich in Erinnerung gebliebenen Klassiker geworden. Seit den 1960er Jahren gibt es ein stetiges, anhaltendes Interesse an diesem Stil. 

Etat Cabinet von Emile-Jacques Ruhlmann (1922)

Bekannte Werke des Art Déco sind unter anderem von Emile-Jacques Ruhlmann. Er war der Sohn einer Familie, die in Paris ein Dekorationsgeschäft besaß. Dies war der Grund, dass seine Kreativität in den luxuriösen Haushaltswaren Ausdruck fand, für die er berühmt wurde. Er entwarf einzigartige Einrichtungselemente: Leuchten und Möbelstücke bis hin zu anderen dekorativen Elementen – aus oftmals exotischen Hölzern und Elfenbeinverziehrungen aus Afrika und dem fernen Osten. Die Kluft zwischen seiner Individualität der Jugendstilstücke und dem neuen Impuls des Art Déco, außergewöhnliche Materialien in seine Werke zu integrieren, zeigt sich in seinen Stücken.

Selbstporträt im grünem Bugatti von de Lempicka (1925)

In Europa und Nordamerika entwickelte sich die in Polen geborene Malerin Tamara de Lempicka zu einer der relevantesten Vertreterinnen des Art Déco. Sie schuf stilisierte, stilvolle Portraits der Menschen, mit denen sie sich umgab: mit der High Society, die aus Industriellen, Schauspielern und Prominenten bestand. Ihr wildes Liebesleben, das sie offen bisexuell führte, sorgte häufig für Skandale in den gehobenen Kreisen dieser Welt. Das Selbstporträt im Bugatti aus dem Jahr 1925 gehört zu ihren bekanntesten Werken. Die Geradlinigkeit, die gebrochenen Flächen aus beigen Stoff und das betonte Spiel von Licht und Schatten auf ihrem Gesicht zeigen den maßgeblichen Einfluss des Kubismus auf den Art Déco-Stil. Eine Vielzahl ihrer Arbeiten ist figurativ und ihre kräftigen Farben und präzisen Linien sind typische Merkmale des stromlinienförmigen, eleganten Stils des Art Déco.

„Victoire“ von René Lalique (1928)

René Laliques Skulptur „Victoire“ schreit gerade zu nach Art Déco. Diese Skulptur wird sowohl als freistehendes Objekt, als auch als Ornament für die Motorhaube von Autos angeboten. Auf manchen hochwertigen Oldtimern sieht man die stromlinienförmige Glasskulptur noch. Lalique war ein französischer Künstler, der bekannt für seine Glasarbeiten war. Auch heutzutage steht das Hause Lalique noch für Luxus aus Glas. Die Verwendung von Glas als Material ist kein Zufall. Es unterstreicht die wertvolle und seltene Eigenschaft dieses dekadenten Kunstobjekts. Die Darstellung des Windes wird als Mittel eingesetzt, um die Faszination für Geschwindigkeit zu unterstreichen. Auch die Positionierung der Skulptur auf der Motorhaube einiger der schnellste Fahrzeuge ihrer Zeit lassen Rückschlüsse darauf zu. Daher ist es nur passend, dass sich das Werk in die Thematik des gesamten Art Déco eingliedert. Die Bewunderung für Maschinen, Innovationen und Geschwindigkeit war ein übergeordnetes Thema dieses Stils, das in der Victoire meisterhaft zum Ausdruck kommt.

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