Cloisonné ist ein altes künstlerisches Verfahren zur Gestaltung der Oberflächen von Metallerzeugnissen. Im weitesten Sinn gehört Cloisonné zur Emailkunst und lässt sich somit auch als ein Email mit festen Umrissen beschreiben. Dünne Drähte oder äußerst dünn gewalzte Streifen aus Metall werden auf metallenen Trägerflächen (oft Kupfer, aber auch Edelmetalle) aufgelötet und bilden Scheidewände (frz. cloison). Es entstehen so die Umrisse von Figuren, Motiven, Ornamenten und Rapporten. Die einzelnen so abgegrenzten Kompartimente werden mit farbigem Glasfluss aufgefüllt, wobei die Metallstreifen das Ineinanderlaufen der schmelzenden Glasmasse verhindern. Daher stammt die deutsche Bezeichnung „Zellenschmelz“ für Cloisonné, das nichts anderes als eine aufgeschmolzene Verzierung ist.

Der Rohling wird anschließend bei Temperaturen von 750 bis 800 Grad Celsius gebrannt und nach dem Abkühlen geschliffen und poliert. Je nach dem Füllstand, also danach, wie weit die Kompartimente mit Glasfluss gefüllt werden, spricht man von konkavem, konvexem und flachem Cloisonné.

Die Anfänge des Cloisonné

Unbekannt ist, wann und wo das Cloisonné entstanden ist. Doch es wird angenommen, dass überall dort, wo man mit Glasfluss und Metall arbeitete, auch mit der Kombination der Materialien experimentiert wurde, um den Eindruck wertvoller, an Edelsteine erinnernder Oberflächen zu erzeugen. Cloisonné könnte daher zeitgleich an verschiedenen Stellen erfunden worden und in der Schmuckherstellung verwendet worden sein. Älteste Voraussetzungen entstanden möglicherweise in Ägypten, wo man mit Zelleneinlagen (Glaspaste) für Schmuck bereits arbeitete. Email wurde zudem in Zypern (Ringe als Grabbeigaben, 12. Jahrhundert vor Christus) und auf der Krim gefunden. Älteste bekannte Cloisonné-Arbeiten datieren aus der Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus (Teile eines Schmuckstücks aus Mykene), wohingegen eine vollständige Cloisonné-Arbeit (ein Zepter), mutmaßlich aus dem 11. Jahrhundert vor Christus, in einem Königsgrab in Zypern gefunden wurde. Im westgotischen Spanien finden sich schlichte, eher monochrome Gürtelschnallen von bescheidenerem künstlerischem Wert, die aber einen weiteren Verwendungskontext für Cloisonné belegen: Einfacher gearbeitet, auf Trägerflächen aus preiswerterem Metall (Bronze), wurde Cloisonné offenbar im 6. Jahrhundert nach Christus auch für Alltagsgegenstände verwendet.

Frühere chinesische Cloisonné-Vasen weisen eine deutlich feinere Ausarbeitung als heutige Exemplare auf

Auf der Wanderung nach Osten – Cloisonné im ostasiatischen Raum

Über Byzanz oder auch die Länder des Islams vermittelt, erreichte die Cloisonné-Kunst schließlich China. In Ostasien wurde China zum Zentrum erstklassiger Cloisonné-Produktion wie auch zum Vermittler der Technik in andere Länder des Kontinents. Im 14. bis 17. Jahrhundert (Ming-Zeit) wurde Cloisonné als guǐguóyáo, „Ware aus dem Teufelsland“, also als europäischer Eindringling gesehen. Erst im 15. Jahrhundert erlebte Cloisonné eine frühe Blüte mit einem besonderen Blau, das die Cloisonné-Technik in China bis heute prägt: der chinesische Name jǐngtàilán enthält bereits den Verweis auf die Epoche, denn übersetzt heißt dies »Blau der Jingtai« (1450–1457). Wie in Europa – zumindest soweit dies bisher bekannt ist – wurden in China kostbare Gerätschaften in Cloisonné-Technik ausgeführt, wobei China in der Qualität des Cloisonné zu den besten Erzeugern aufstieg: Schalen, Vasen, Kerzenständer, Räuchergefäße und Weihrauchbrenner, aber auch Schnupftabaksdosen und feuervergoldete Objekte, die vor allem als Schmuck-, hier und da wohl auch als Gebrauchsgegenstände dienen konnten.

In der Jingtai-Zeit erlebte China seinen Höhepunkt in der Kunst des Cloisonné. Chinesisches Cloisonné wurde mitunter durch Gold- oder Mineralpartikel angereichert und der Glassfluss in mehreren Schichten aufgetragen, sodass ein brillanter, nahezu irisierender Glanz entstehen konnte. Von China ausgehend, eroberte die Kunst des Cloisonné Ostasien. Chinesische Cloisonné-Vasen jener Jahrhunderte erreichen auf Auktionen mitunter fünf- bis sechsstellige Preise.

Der Anschluss an den Westen und die Cloisonné-Blüte in Japan

Japan öffnete sich dem Westen bekanntlich sehr zögerlich, in der Mitte des 19. Jahrhunderts dann allerdings mit einer ungeheuren Wirkung auf die Kunst des Westens: der Japonismus war geboren. Große Berühmtheit erlangte beispielsweise die Kunst des japanischen Farbholzschnitts mit ihrer enormen Wirkung auf die französische Malerei des Impressionismus, zur selben Zeit also, als zum Ende der Edo-Zeit und zu Beginn der Meiji-Zeit (1868–1912) in Japan die Technik des Cloisonné Fuß fassen konnte. Der anfängliche Name für Cloisonné lautete shippō-yaki, übersetzt heißt es „Sieben-Schätze-Ware“ und rührt von der buddhistischen Lehre der persönlichen Vervollkommnung her.

Im Zuge der Modernisierung und um zur Finanzierung eines in Umbruch bestehenden Landes beizutragen, wurde in der Meiji-Zeit in größerem Umfang nach Ausfuhrgütern gesucht. Die Waffen der Samurai fielen als Exportware weg. Viele der handwerklich ausgebildeten Kämpfer sattelten um auf die Herstellung von Cloisonné, das als begehrte Exportware zum Wirtschaftsfaktor des aufstrebenden Japans nach der Öffnung wurde. Sowohl traditionell chinesisch-japanische Formen wie auch westliche Formen flossen in das Repertoire der japanischen Metallhandwerker ein. Zentren der Cloissonné-Produktion waren Kyoto, Tokyo und Nagoya, wo beispielsweise die Nagoya Cloisonné Company gegründet wurde. Hilfreich bei der weiteren Entwicklung des Cloisonné war in jener Zeit Gottfried Wagener, ein aus Hannover stammender, deutscher Chemiker, der seit 1884 an einer Kunst- und Gewerbeschule arbeitete und die japanischen Künstler zur Teilnahme an den Weltausstellungen in Paris 1867 und Wien 1873 ermunterte.

Objekte des japanisches Künstlers Namikawa Sōsuke zeugen von der Überlegenheit der japanischen Cloisonné-Kunst

Die Epoche zwischen 1880 und 1920 wurde zum Goldenen Zeitalter der japanischen Cloisonné-Kunst. Farbintensität und Glanz entwickelten sich zu einer nie gekannten Blüte und es gelang einigen Künstlern sogar, in freier Handhabung der Technik malerische Wirkungen zu erzielen und dabei die Metallstege nahezu unsichtbar werden zu lassen. Man sprach sogar voller Bewunderung von den „Cloisonnés sans cloisons“, den Zellenschmelzarbeiten ohne Stege, welche japanische Meister wie der international bekannte Namikawa Sōsuke (1847–1910) hervorbrachten, dessen Arbeiten heute beispielsweise im Walters Art Museum in Baltimore, USA, zu bewundern sind. Berühmt waren seine großen flachen Schüsseln mit elegischen, stimmungsvollen Landschaften.

Cloisonné als moderne künstlerische Technik

In der Gegenwart verbinden sich in der Kunst des Cloisonné moderne mit handwerklichen Traditionen. Die Übergänge von Kunsthandwerk, Luxusgebrauchsgütern (kostbaren Vasen) und künstlerischen Arbeiten sind fließend. Uhrenhersteller in der Schweiz wie etwa die Uhrenmanufaktur Patek Philippe setzen die Technik des Cloisonné noch heute für ihre besonderen Schätze, darunter Dom-Penduletten, also Tischuhren mit kunstvollem Gehäuse, Weltzeit-Armbanduhren oder Uhren mit bebilderten Zifferblättern in limitierter Auflage ein, wobei der metallene Untergrund der Kostbarkeiten meist Gold ist.

Hochwertige mit Cloisonné veredelte Gegenstände prägen seit jeher das Bild von Stil und Luxus

Farbiges Licht – das Strahlen bricht in die Finsternis ein

Die eindrucksvolle Wirkung von farbigem Glas ist aus den Glasfenstern des Mittelalters jedem bekannt, der schon einmal eine Kathedrale oder Klosterkirche aus jener Epoche bewundert hat. Ist es, wenn man dort im Kirchenschiff steht, vor allem das hereinscheinende Licht, das im oft schummrigen Inneren den festlichen, strahlenden Glanz des farbigen Glases hervorruft, so ist es beim Cloisonné die metallene Trägerfläche, deren Glanz die Wirkung des Glases verstärkt. Denn auch Edelmetalle, also Gold und Silber, wurden als Untergrund gewählt. Unterschiede in der Wirkung der Cloisonné-Technik werden beim Glasfluss durch die Glassubstanz selbst erzielt: Durchsichtiger Glasfluss, der seine Farbe durch Metalloxyde erhält, ist „transluzid“, undurchsichtiger Glasfluss ist „opak“. Die Verschiedenheit des bunten, durch den Glanz von farbigem Glas entstehenden Lichts von natürlichem Tageslicht ist dabei sehr entscheidend. Wird doch darin im christlichen Abendland der Kampf zwischen Heil und Sünde versinnbildlicht: Das hell und farbig strahlende Licht steht für das Heil, die Finsternis für die Sünde. Dies erklärt, warum die Funde oft einen Kontext mit liturgischer oder zeremonieller Bedeutung belegen. Der strahlende Farbglanz kostbarer Artefakte wie Kruzifixe, Vasa sacra, Buchdeckel und Altarbilder versinnbildlicht die christliche Verheißung, die in Aussicht gestellte Erlösung.

Im gebrochenen Licht ist die Wirkung des Cloisonné besonders eindrucksvoll

Ein berühmtes Werk aus der byzantinischen Kunst, das mit seinem Goldglanz per se für das Heilsversprechen steht, ist die Pala d’Oro (10. bis 14. Jahrhundert) in San Marco in Venedig. Das goldene Altarbild schmücken eine Vielzahl von Arbeiten in Cloisonnés, darunter zahlreiche bildliche Darstellungen und Medaillons. Auch die Staurothek des Limburger Domschatzes gehört zu den herausragenden Werken mit Cloisonné: Die Staurothek genannte Lade (grch. staurós für „Kreuz“, théke für „Lade“) zu Aufbewahrung von Partikeln des Kreuzes Christi geht ebenfalls auf das 10. Jahrhundert zurück. Edelmetalle, vor allem Gold und Edelsteine sowie andere kostbare Materialien, aber eben auch Cloisonné waren die angemessenen Mittel zur Verbildlichung des mystischen Glanzes, den ein Altarbild oder eine Lade zur Aufbewahrung von Kreuzessplittern im übertragenen Sinn ausstrahlte.

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